An welchem Projekt arbeitest Du gerade?
Als ich vom Lockdown hörte, verspürte ich augenblicklich einen inneren Drang, ein Bild zu malen, welches pure Lebensfreude ausstrahlt: So entstanden meine «Kitesurfer am Silvaplanersee». Im Moment male ich Pastelle, die das Erwachen des Frühlings im Engadin festhalten – seien dies Krokusse, welche wie kleine, weisse Perlen ihre Köpfe aus der noch schneebedeckten Wiese vor imposanter Bergkulisse herausstrecken, oder eine Pelzanemone in ihrem flauschigen Kleid.

Wie beeinflusst die gegenwärtige Situation Dein Schaffen?
Es ist für mich geschenkte Zeit, um zu wandern und die Natur zu beobachten. Davon inspiriert, bringe ich die persönlichen Erlebnisse mit meinen Pastellkreiden zu Papier.

Chancen in der Krise - kann die Pandemie aus Deiner Sicht auch positive Veränderungen bewirken?
Ich denke, dass die Corona-Zeit und die damit verbundene Entschleunigung für uns alle auch etwas Gutes hat. Der Mensch kann endlich innehalten, zur inneren Ruhe finden und so seine inneren Werte kennenlernen. In der Hoffnung, dass dadurch eine gewisse Dankbarkeit, Demut, Kreativität und Solidarität zum Erwachen kommt – denn dankbare Menschen sind glückliche Menschen.

 
 

Marietta Gianella-Berry, die Enkelin des bekannten Engadiner Malers Peter Robert Berry II, dem eigens in St. Moritz ein Museum eingerichtet ist, hat ihre Berufung gefunden – und das bereits seit mehr als drei Jahrzehnten. Malen ist ihr Lebenselixier, malen ist für sie existenziell. Die prächtige Farbenwelt des Engadins hat sie ganz verinnerlicht. Das Faszinosum ist ihre Augenlust, die Gemüt und Seele tief berührt. Da drängt sich der künstlerische Ausdruck regelrecht auf. Das emphatische Empfinden für die Naturschönheit manifestiert sich in ihrem geschmeidigen und behutsamen Farbauftrag. Um die taktile Berührung mit den Farben zu intensivieren, benutzt die Künstlerin in ihrer neuen Maltechnik keinen Pinsel, sondern arbeitet allein mit ihren Fingern. Sie bedient sich dabei vornehmlich leuchtender Pastellkreide, die sie auf Papier stilsicher und gekonnt aufträgt. Für diesen vitalen Schöpfungsprozess sind Disziplin und Konzentration unabdingbar. Das Malen wird zum Selbstverständnis einer auf harmonische Aesthetik hinziehende Identität. Es ist, als nähmen die Farben Besitz von ihr. Marietta Gianella-Berry will den Prozess des Sehens in ein Erkennen steigern, ein Erkennen, dass das wiederholte Anschauen zur inspirierenden Grundlage macht. Der impressionistische Stil beherrscht weitgehend ihr Ausdrucksvokabular. Er deutet an und gibt der Phantasie viel Raum zur eigenen Interpretation. Auf vielen Reisen hat die Künstlerin ihre Anschauungen in vielen Skizzenbüchern spontan umgesetzt und den Rahmen für weitere Ausführungen gesteckt. Doch immer wieder kehrt sie zu den heimatlichen Ursprüngen in das geliebte Engadin zurück und lässt sich erneut von der imponierenden Kulisse der grandiosen Bergwelt überwältigen. Mit Kennerblick sucht sie sich das wechselnde Farbenspiel der Jahreszeiten aus, um es in einem Bild für den Betrachter festzuhalten. Sie weiss um die klare Luft, die alles intensiviert und dem Leben eine magische Heiterkeit vermittelt, die schon viele andere Künstler vor ihr (es waren Freunde und Bekannte Ihres Grossvaters) zu bedeutenden Werken motiviert hat. Es ist, als würde ihr malender Grossvater Peter Robert Berry II ihr über die Schulter schauen und sie zum Weitermachen ermuntern. Dieser anspruchsvollen künstlerischen Qualität fühlt sich Marietta Gianella-Berry in jeder Hinsicht verpflichtet.

– Kristina Piwecki

 

Werkauswahl

 
Das Charisma der Natur inspiriert mich immer wieder aufs Neue.